Ich war ja von der Hot-Pursuit-Demo nicht wirklich überzeugt. Umso schöner, wenn man mal positiv überrascht wird. Ich hab jetzt zwei Tage in die Verkaufsversion investiert und bin immer noch erschrocken, wie grandios das Spiel geworden ist.

Wie ja hinlänglich bekannt ist, haben diesmal Criterion das Spiel entwickelt. Die einzigen Stellen, an denen man Hot Pursuit die Verwandtschaft mit Burnout anmerkt, sind die teilweise haarsträubend knapp bemessenen Zeiten für die Time Trials und natürlich die Unfälle. Auch wenn es keine Totalzerstörungen wie bei Burnout Revenge oder Paradise gibt, werden die Autos schön durch den Wolf gedreht, Blech knittert, Glas splittert und nach einigen besonders derben Kollisionen hängen ganze Karosserieteile labberig am Wagen.

Mein größter Kritikpunkt an der Demo war die Steuerung, die sich merkwürdig bis komplett ungewohnt angefühlt hat. Ich weiß nicht, ob ich mich mittlerweile einfach angepaßt habe, bessere/andere Autos fahre oder Criterion massiv nachgebessert haben - nach ein paar Übungsrunden fahren sich die Luxusflitzer sehr differenziert und angenehm, wobei sich ein Zwei-Tonnen-Monster wie der Dodge Charger komplett anders “anfühlt” als ein Porsche Boxster. Drifts über mehrere Hundert Meter, elegantes Gegen-Den-Verkehr-Rasen oder sich durch eine knapp autobreite Lücke in diesen nervigen Straßensperren fädeln gehen - je nach Wagen - angenehm leicht und präzise von der Hand, das aus Burnout bekannte “Raketenschlitten”-Feeling kommt dankenswerterweise zu keiner Sekunde auf.

Die Technik ist gut, aber nicht überragend. Landschaften sind mit fantastischer Weitsicht versehen, Tageszeiten- und Wetterwechsel wirken sehr lebensecht, allerdings sind die Texturen manchmal ein wenig detailarm, und auch die Fahrzeugmodelle können nicht ganz mit einem Autoporno wie Forza 3 mithalten, obwohl das wohl nur dem auffällt, der im Photo-Modus ganz, ganz nah ranzoomt. Im Gesamteindruck wirkt das optische Paket letztendlich schön rund und die Framerate ist immer flüssig, was bei einem Rennspiel ja zwingend erforderlich ist.

Akustisch gibt’s wieder Licht und Schatten. Sehr geil sind die Soundeffekte geraten, und wenn ein mehrere Hunderttausend Euro teurer Pagani Zonda mit dem Geräusch schreienden Metalls über den Asphalt kugelt, verzieht man schon mitleidig das Gesicht. Auch sehr schick finde ich den Soundtrack, der während der Verfolgungsjagden ertönt. Die Orchesterstücke sind angenehm dramatisch und bilden einen schönen Konterpunkt zum Brüllen der Motoren und dem Geschnatter aus dem Bordfunk.
Wo sich Criterion/EA mal wieder verhoben haben, ist die lizensierte Musik. Klar, Geschmäcker sind verschieden und für die angepeilte Teenager-Zielgruppe mag die Mischung aus Pop, Electronica, Hip Hop und (ganz, ganz) wenig Rock wohl interessant sein, aber für mich gibt’s exakt ZWEI Songs*, bei denen ich nicht das Bedürfnis habe, sofort auf die “Skip Song”-Taste zu hauen. Der Rest empfinde ich als “Geräusch”, irgendwelche Sample-/Beat-Kombinationen oder dahinschrammelnde “The-”-Band-Mucke.

In Sachen Spielmodi gibt sich NFS Hot Pursuit betont traditionell. Sieht man mal von den mit Extrawaffen versehenen Cop-versus-Racer-Events ab, gibt’s auf beiden Seiten des Gesetzes erstmal verschiedene Varianten des Zeitrennens, wobei die Cop-Variante noch einen Tacken härter daherkommt, da man für Kollisionen mit Umgebung und Verkehr deftig Zeit draufgepackt bekommt. Analog dazu gibt’s für beide “Teams” die “Reveal”-Events, in denen man erst später freigeschaltete Karren verfrüht probefahren kann (z.B. im dritten oder vierten Event als Raser gibt’s einen McLaren F1). Raser liefern sich untereinander traditionelle Rennen, und die Cops haben sogenannte “Interceptor”-Events, in denen ein Cop gegen einen Raser antritt und ihn mit allen Mitteln aus dem Verkehr ziehen muss. Praktischerweise kann man auf der als Hauptmenü fungierenden Karte von Seacrest County frei zwischen Cop und Raser hin- und herwechseln. Und wenn einem der Sinn nach Entspannung steht, fährt man einfach im Free Roam mit den bisher freigeschalteten Karren spazieren.

Und das ist für mich eins der absoluten Highlights des Spiels. Seacrest County ist der feuchte Traum eines jeden Autonarren. Die Straßen sind endlos lang. Von sanft geschwungenen Highways bis zu Serpentinen-verseuchten Berghängen, von idyllischen Stränden durch Wüsten, Wälder, Hügelgebiete bis hin zu tief verscheiten Bergpisten gibt’s das volle Programm an Landschaften. Und hier hat mich Hot Pursuit bekehrt. Man entdeckt viele Details, die es auch im “letzten” Hot Pursuit gegeben hat, wie einen Streckenabschnitt, auf dem Findlinge übereinander gestapelt sind, ein Wald mit Mammutbäumen, der frappierend an die “National Forest”-Strecke erinnert, die Wüste hat vom Wind ausgehöhlte Felsmassive, durch die es sich vortrefflich abkürzen läßt (ganz wie auf der Wüstenstrecke aus Hot Pursuit 2) und wenn man auf dem Highway an der Küste entlangflitzt, fühlt man sich entweder wie auf der “Palm City Island”- oder “Mediterranean Paradise”-Strecke.
Die Ähnlichkeiten mit dem spirituellen Vorgänger gehen noch weiter - es gibt keine Tuning-Kinkerlitzchen, keine Zeit-Stopper und leider auch keine In-Car-Ansicht wie bei Shift. Nur Luxus-Schlitten, endlose Straßen und die Typen mit den bunten Lichtern auf’m Dach.

Online ist eine sehr spaßige Sache, in zweierlei Hinsicht. Das groß angekündigte “Autolog”-Feature funktioniert und ich ertappe mich immer wieder dabei, anstelle eines neuen Events ein älteres auszuwählen, weil einer meiner sogenannten “Freunde” (Mistkerle allesamt!!!)** mal wieder einen meiner Streckenrekorde vaporisiert hat und ich das natürlich nicht auf mir sitzenlassen möchte. Also haben Criterion ihre Mission erfüllt. Funktioniert wie beworben. Die “richtigen” Online-Modi sind zwar zahlenmäßig mickrig, machen dafür aber einen Heidenspaß. Zum einen ist die Lobby sehr praxisnah gestaltet. Es gibt keine komischen Ticker, die nach X Sekunden das Rennen starten, man kann alle Parameter (Modus, Strecke, Autoklasse) frei umstellen, ohne die Lobby zu killen. Zum anderen funktionieren die Spielmodi einwandfrei. Hot Pursuit ist der gleiche Spaß wie offline. Vier Cops gegen vier Raser. Hat man bei Burnout auch als “Road Rage” gesehen. Je nachdem, mit wem man es spielt, kann daraus eine unglaublich nervige Rempel-/Spikestrip-Orgie werden oder aber ein spannendes Katz- und Maus-Spiel. Ich hatte heute beides - das wüste Geprügel mit einem Haufen (sehr netter und spaßiger) Amis und das spannende Gerase mit einigen Leuten von der Freundesliste.

Sollte man zufällig nur einen Freund haben oder nur grade einer online sein, kann man das Spiel trotzdem online zocken, denn es gibt den spaßigen “Interceptor”-Modus. Ein Cop, ein Raser, unendliche Straße. Klingt auf dem Papier total öde, macht aber ebenfalls eine Mordsgaudi - vor allem, weil man sich ganz und gar auf seinen Verfolger (oder sein Opfer) konzentrieren kann und beide Spieler erheblich mehr Muni im Kofferraum haben. Habe es bis jetzt mit drei Leuten gespielt und bin restlos begeistert.

Am schwächsten fällt da schon das traditionelle 8er-Rennen aus. Auch wenn die hintere Hälfte des Feldes großzügiger mit Boost versorgt wird, zieht sich der Pulk dank der reichlich vorhandenen Abkürzungen schnell auseinander, und der nicht abschaltbare Verkehr kann für so manche böse Überraschung sorgen, wenn einer der Vordermänner nach einem Crash nicht hinter sich aufräumt.

Das einzig Negative, was aus der Demo mitgekommen ist, dürfte die Gummiband-KI sein. Es ist schon oft genug vorgekommen, daß ich (dank hinterlistigem Einsatz meiner eigentlich zur Polizistenabwehr gedachten Gadgets) meine Mit-Racer außer Gefecht gesetzt habe, knapp acht Sekunden Vorsprung rausgeholt habe und mir nichts, dir nichts, ziehen zwei, drei KI-Raser an mir vorbei, obwohl ich mit durchgetretenem Pedal und fehlerfrei geradeaus knattere. Dankenswerterweise gibt’s immer Möglichkeiten, per Abkürzung (oder einem beherzten Takedown) für Gerechtigkeit zu sorgen.

Da ich nicht weiß, wie es in den späteren Rennklassen aussieht (habe erst die ersten zwei von fünf freigespielt), halte ich mich mit einem Fazit zurück, aber verdammt noch mal, das Spiel macht Spaß.

* - die Songs von 30 Seconds To Mars und Bad Religion respektive. Der Rest ist Schrott.
** - hey, ist nur Spaß, Leute :)