Ja, ich hatte mir eigentlich geschworen, Gears Of War 3 links liegen zu lassen, vor allem im Anbetracht der wirklich abartigen DLC-Politik, die Microsoft hier ausfährt. Am Launchtag sage und schreibe 27 (!!!!) DLC-Artikel anzubieten, grenzt schon fast an Kundenverarsche, zumal 26 dieser 27 Artikel nichts anderes sind als bunte Bemalungen für die Waffen, die dann auch nur im Multiplayer benutzt werden können. Aber das kann man ja getrost ignorieren. Was mir weit mehr aufstößt, ist der “Season Pass” für 3400 (!!!!) MS-Points, der einem - und das bitte langsam auf den vorderen Hirnlappen zerkochen lassen - das RECHT einräumt, die nächsten vier Kartenpakete mit 33% Rabatt einzukaufen.

In Ordnung, werden sich jetzt sicher einige denken, netter Service von MS, was regt Beast sich hier so auf? Nur ein kleines Rechenbeispiel:

Gears in der ganz schnöden, nix-drin-außer-Spiel-und-Werbung-Edition (KEIN HANDBUCH, NIX!), hat 49,99€ gekostet, was für mich der Ausschlag war, es überhaupt mitzunehmen - insistente Nachrichten vom Großteil meiner Freundesliste hin oder her. 3400 MSP sind etwa an die 40€, was den Gesamtpreis des Spieles auf knappe 90€ hebeln würde.

Aber: Wenn man davon ausgeht, daß das typische Kartenpaket auf XBox Live mittlerweile (danke, CoD) 1200 MSP kostet und man dank dieses 40€-Passes grade mal 33% einspart (also 400 MSP/Kartenpack), beläuft sich die Ersparnis auf müde 1600 Points, also nur ein Bruchteil dessen, was der Season Pass kosten soll. Daher der ganz neutrale Rat von Beast:

FINGER WEG VOM SEASON PASS! ABZOCK-ALARM!

Außerdem soll die Spieleindustrie mal aufhören, so unglaublich geldgeil zu werden. Die Spieleindustrie (und vor allem die Groß-Publisher) sind die EINZIGEN, die am Gebrauchtmarkt mitverdienen wollen und das auch rigeros in Form dieser super-nervigen “Online-Pässe” durchziehen.
Das wäre fast so, als ob Ford jetzt mal eben vom Käufer eines gebrauchten Fiesta nochmal 2000€ sehen will, sonst fährt der Wagen nur in der Innenstadt, weil man den “Autobahn-Pass” nicht gebucht hat.

Natürlich gönne ich jedem Unternehmen sein Recht auf’s Geldverdienen, aber was sich ActiBlizzard, EA, THQ und MS derzeit rausnehmen, sorgt bei mir für’s massive Anschwellen diverser Zornesadern. DLC-Overkill, In-Game-Werbung, Einmal-Wegwerf-Pässe und jetzt auch noch Kundenfesselung durch “Saison-Angebote”?!? Grmbl.

Es ist eine Schande, denn das eigentliche Spiel ist ein echter Hammer geworden. Im Gegensatz zur Singleplayer-Handlung von Gears 2, die sich für meinen Geschmack viel zu oft in gleichförmigen, dunklen, langweiligen unterirdischen Kammern, Höhlen und Korridoren abgespielt hat, setzt Gears 3 von Anfang an auf maximale Abwechslung. In einem halsbrecherischen Tempo wechseln Locations, Gegnertypen und Squadmates, und was alleine schon im ersten Akt an Drama und Action geboten wird, reicht manchem Spiel für die volle Laufzeit. Und dann gibt’s da noch fantastische Bossfights, den ersten schon innerhalb der ersten Spielstunde. Und das größte Kunststück ist, daß die Geschichte, so dünn sie auch sein mag, kohärent und kompetent erzählt wird. Man fragt sich eigentlich nicht (wie so oft in Gears 2) “OK, warum genau renne ich jetzt hier rum?”.

Klar, das Minute-to-Minute-Gameplay ist und bleibt Gears, also ein deckungs-fokussierter Third-Person-Shooter. Und nach langer Gears-Abstinenz muß ich zufrieden feststellen, daß es sich “richtig” anfühlt. Zielen, von Deckung zu Deckung hechten oder das nach wie vor unschlagbare Zersägen der Gegner - da haben Epic gottlob nicht auf Teufel-komm-raus rumgebessert, zumal es seit Gears 2 nichts groß zu verbessern gab.

Inhaltlich bietet Gears das seit Monaten dickste Shooter-Paket. Die Kampagne (mit Vier-Spieler-Koop) ist schön umfangreich, mit fünf langen Akten und dankenswerterweise gibt es für mich als Versus-Muffel mehr als genug Möglichkeiten, kooperativ mit anderen rumzuballern. Wie gesagt, die Story kann man mit bis zu drei weiteren Gleichgesinnten durchzocken, entweder ganz lässig oder im von Halo entlehnten “Arcade-Modus”, der für jeden Spieler einen Punktestand festhält, mit durchlaufendem Multiplikator für Killstreaks.
Dann gäbe es da noch den von Gears “erfundenen” Horde-Modus in der 2.0-Interation, diesmal mit einer starken Tower-Defense-Komponente. Im Gegensatz zum “alten” Horde-Modus, in dem man sich so gut es ging mit Granaten, Schilden und schweren Waffen an einer Ecke der Karte eingeigelt hat, greift Gears 3 das Konzept auf und macht da eine ausgewachsene Basisverteidigung draus, mit von Spielern aufbaubaren Geschütztürmen, Barrikaden und anderen Leckerlis, um der stetig größer werdenden Locust-Bedrohung Einhalt zu gebieten.
Im “Beast”-Modus werden die Rollen getauscht - man spielt als Locust gegen eingegrabene Menschen, also quasi der “Survival”-Modus aus Left 4 Dead, in dem eine Hälfte der Spieler die Zombies spielt. Ich kam aber bis jetzt noch nicht dazu, ihn näher anzugucken.

Und dann gibt’s noch die klassischen Versus-Modi Team Deathmatch (mit Respawns), Warzone (Deathmatch ohne Respawns), Execution (in dem Gegner nur permanent ausgeschaltet werden, indem man sie … naja, wie der Name schon sagt), Capture The Leader, King Of The Hill und Wingman, in dem vier Zweier-Teams gegeneinander antreten.

Ich werde mich wohl nie mehr in einem Gears-Versus-Match finden, denn mein erstes und einziges Online-TDM-Gefecht endete innerhalb 30 Sekunden, als mich ein Irrer mit der Schrotflinte in kleine Stücke geblasen hatte, kaum daß ich auf der Karte gespawned war.
Aber netterweise kann man alle Versus-Modi auch offline gegen Bots spielen.

Ich bin dann doch ganz zufrieden, daß ich dem Gehype von der Freundesliste nachgegeben habe, denn Gears macht einfach Spaß. Angenehmerweise hat die USK-Version die vorzügliche englische Tonspur an Bord, so daß man sich nicht mit der grenzdebilen DE-Synchro rumärgernn muß, der ich bereits in diversen Testvideos begegnet bin.

Vorläufiges Fazit (nach 38 Wellen Horde und vier Akten Story): Tolles Spiel, komplett unverschämtes Geschäftsmodell.