Und während im Hintergrund die aktuelle CD von Star One warmläuft, ein paar Takte zu Vanquish.

Nach der Demo war ich nicht sonderlich überwältigt, das gebe ich zu. Das Spiel sah mir doch zu sehr wie ein Gears-Of-War-Klon aus, auch wenn die Zeitlupen- und Speedboost-Mechanik leidlich interessant wirkten. Also hab ich das erstmal beiseite geschoben, bis mir eines Tages der gute kametyken von Vanquish vorschwärmte. Also nochmal auf den Einkaufszettel gesetzt und dem Spiel eine Chance gegeben. Und was soll ich sagen? WOW!

Zuerst mal: Wer an Vanquish wie an einen beliebigen Cover-basierten Shooter rangeht, wird sterben. Oft. Die KI ist nämlich clever genug und stürmt die Positionen, hinter denen man sich verschanzt hat, und zwar öfter, als einem lieb sein kann. Einzige Lösung: Immer schön “umziehen”, was sich dank der in den Kampfanzug des Helden eingebauten Düsen wunderbar umsetzen läßt. Allerdings sieht man sich hier auch schnell in einem Dilemma, denn die Düsen werden vom gleichen Reaktor gepowered, der auch das äußerst nützliche Zeitlupen-Feature (hier ARS - Advanced Reaction System) befeuert. Also lieber flink über’s Schlachtfeld brettern? Oder doch lieber kurz ARS anschmeißen, um die Schwachpunkte am auf einen zustürmenden Riesen-Roboter weichzuklopfen? Vanquish gibt einem einen ganzen Sack an nützlichen Werkzeugen an die Hand, um den Roboterhorden tüchtig einzuheizen und es liegt ganz allein am Spieler, sie zu nutzen. Und Fehler werden mit einem zügigen Ableben bestraft. Klar, es gibt einen Schutzmechanismus (Notfall-ARS) und regenerierende Lebensenergie. Nur: Das Notfall-ARS zündet bei massivem Schadensaufkommen und kann nicht wieder abgeschaltet werden, was dazu führt, daß man ohne Boost- oder ARS-Energie dasteht, bis der Reaktor wieder runtergekühlt ist, was oft genug genau die Zeit ist, in der man draufgeht. Klingt auf den ersten Blick ziemlich unfair und knüppelhart, zumal jedes Ableben mit Punktabzug geahndet wird. Andererseits bekommt das Spiel dadurch eine erstaunliche Motivationswirkung. Man versucht, das System bis zum Limit auszureizen, um möglichst NICHT draufzugehen und trotzdem viele der Blechkameraden auszuknipsen.

Ich hab’s jetzt auf “Normal” in 8 Stunden, 17 Minuten durchgezockt. Zumindest sagt das der In-Game-Ticker. Und 94 Mal bin ich dabei draufgegangen. Für einen ersten Durchgang nicht übel, aber es gibt genug Raum nach oben. Und kame, wo sind deine Scores?

Ein paar Worte zur Story: Kann man getrost vergessen. Die Story bietet eigentlich nur einen Vorwand, um in einer Raumstation für jede Menge Krawall zu sorgen. Es gibt sogar einen neckischen kleinen Plot-Twist, aber wer Vanquish wegen der Story spielt, dürfte daran noch weniger Spaß haben als an der Story von Gears 2. Sehr spaßig ist die englische Tonspur - mehr Actionfilm-Machismo dürfte man dieses Jahr wohl nur noch in CoD Black Ops finden. Der Sound verwischt allerdings sehr schnell zu einem weißen Rauschen, denn das Ballern der Waffen aus allen Richtungen, die konstanten Funksprüche und der dezent im Hintergrund tuckernde Elektro-Soundtrack vermischen sich total, es sticht eigentlich kaum etwas heraus.

Optisch feuert Vanquish auf allen Zylindern. Die Raumstation sieht erwartungsgemäß recht klinisch aus, es gibt allerdings auch genug Abwechslung in Form von Biosphären oder komplett zerbombten Abschnitten, aber die Highlights sind die Charaktermodelle. Besonders der Anzug von Sam, dem Hauptdarsteller, hat Dutzende von kleinen animierten Details, sei es die sich der Situation anpassende Konfiguration der Panzerplatten an Torso und Beinen, die Kühlflossen am Reaktorkern oder die transformierbare Knarre - sieht superlecker aus. Die Gegner kommen in einer Handvoll von Robotertypen, vom roten, den Geth aus Mass Effect 2 ähnelnden Grunts über den spinnenbeinigen ARGUS bis hin zum transformierbaren Raumschiff/Artilleriemech. Ich sag’s immer wieder - verlaß dich auf die Japaner, wenn es um fantastische Mech-Designs geht. Alle hübsch bis grandios gestaltet und mit unterschiedlichsten Angriffsmustern versehen - und natürlich auf maximale Zerstörung programmiert.

Vanquish schafft das Kunststück, mich bei der Stange zu halten, obwohl ich teilweise im Minutentakt den Löffel abgegeben habe. Aber wenn dann die richtige Kombination aus Taktik und Ausrüstung zugreift und der grade noch unschaffbare Bossfight doch fluppt, ist das ganz großes Actionkino. Und interessanterweise fühlt es sich total retro an, ohne altbacken rüberzukommen. Hohe Schwierigkeit plus Highscoreliste = sofortiger Wiederspielwert. Das Einzige, was mir zur vollständigen Glückseligkeit fehlt, ist ein Online-Koop-Modus. Aber leider ist Vanquish, dank seiner ARS-Mechanik, eine reine Einzelspieler-Affäre.

Und für ultrageilen Online-Koop gibt’s derzeit eh Red Dead Redemption. Aber dafür werde ich beizeiten mal einen anderen Post aufmachen.