Nachdem ich kürzlich so vehement über den Microsoft Game Room gelästert hatte, wurde ich dank diverser Gegenstimmen u.a. im offiziellen Xbox-Forum neugierig und hab mir die Sache mal genauer angesehen, mir sogar ein paar Automaten in die virtuelle Spielhalle gestellt. Gut, das Medallien-Jagen IST spaßig, Challenges an Freunde schicken ebenfalls - sofern sie denn annehmen, aber meine Hauptkritikpunkte bleiben. Erstmal ist der Game Room erheblich weniger interaktiv, als er angekündigt wurde - man sieht zwar seinen Avatar (und zufällig aus der Freundesliste gepollte Avatare - oder warst du kürzlich in “meiner” Arcade, Sondermann?), aber mehr als an den Automaten rumstehen tun sie nicht. Und zum zweiten ist der Game Room eine dünn verpackte Geldmelk-Masche. Wer einen Blick auf die Erfolge wirft, wird einen ganzen Schwung von “verdiene X Medallien”-Erfolgen sehen. So wie ich das System verstanden habe, kann man pro Automat insgesamt 9 Medallien verdienen, eine für’s Punktesammeln, eine für’s Lange-Am-Leben-Bleiben und eine “totale Zeitverschwendungs”-Medallie, jeweils in Bronze, Silber und Gold. Die Bronze-Medallien sind ziemlich locker zu erlangen, für die Silber-Medallien muß man schon ziemlich strampeln, und die Gold-Medallien dürften nur diejenigen bekommen, die die Spiele schon damals bis zum Gehtnichtmehr gezockt haben (oder sämtliche FAQs dafür auswendig kennen). Um also 48 Medallien zu bekommen, sind also zwischen 6 bis 12 Automaten nötig, was also nach Adam Riese so 1500 bis 2900 MS-Points, also 18 bis 36 Euro kosten dürfte.

Da lob ich mir dann doch lieber, was Capcom diese Woche auf die Xbox-Zocker losgelassen haben. Final Fight Double Impact nennt sich das Päckchen, in dem sich Final Fight und Magic Sword befinden, beide liebevoll in HD aufbereitet, mit Online-Mehrspieler und einer wirklich fantastischen Präsentation. Ich hab - dank der Capcom Generations- und Classics-Compilations so ziemlich den gesamten Capcom-Backkatalog bereits für andere Konsolen, aber da ich ja leider relativ wenige videospielbegeisterte Echtweltfreunde mein Eigen nenne, habe ich mit Freuden die 800 MSP auf den virtuellen Tisch des Hauses gelegt. Zuerst einmal - viel schicker als FFDI habe ich emulierte bzw. geportete Arcadespiele noch nicht präsentiert bekommen. Stilecht als (virtuelle) Cabinet-Replica, mit ein paar hübschen Ingame-Items umgeben, dröhnt mir da die remasterte Musik von Final Fight bzw. Magic Sword entgegen. Im eigentlichen Spiel zieht sich dieser rote Faden weiter, der Bildschirm ist standardmäßig so eingestellt, daß man nicht nur - wie im Game Room auch - die Cabinet-Umrandung zu sehen bekommt, das Display wird entsprechend angepaßt, so dass man wirklich das Gefühl hat, wieder an einem Röhrenmonitor mit gekrümmter Mattscheibe zu stehen, inklusive Scanlines und Phosphorglühen. Kleinkram, aber das verpaßt der ganzen Präsentation halt den letzten Kick Retro-Feeling. Nett. Aber richtig geplättet hat mich dann heute meine mehrstündige Koop-Sitzung mit kametyken. Unglaublich, wieviel Laune zwei 20 Jahre alte Spiele machen können, wenn man sie mit Gleichgesinnten zocken kann.

Ich kann mich kametykens Wunsch nach mehr Automatenfeeling in dieser Art aus vollstem Herzen anschließen. Capcom hat genug klassische Automaten, die sie so gerne nochmal in meine Richtung feuern können, seien es mehr “Heroic Fantasy”-Titel wie “Knights Of The Round” oder “King Of Dragons” oder ein 194x-Bundle. So macht Retro Laune, komplett befreit vom unnötigen Avatar-Gedöns, angemessen vom Preis her und toll ausgestattet. Ich habe fast vergessen, die umfangreichen Sektionen mit Bonusmaterial zu erwähnen. Klar, essentiell sind Concept Art, Storyboards oder Comic-Pages nicht wirklich, aber erstmal geben Unlockables einen erhöhten Wiederspielwert, und zum anderen schlägt das die müden, Wikipedia-inspirierten Texttäfelchen im Game Room.

Auch wenn man schon eine der vielen Final Fight-Rereleases gespielt haben sollte - diese hier ist definitiv eine der schönsten. Obwohl ich sonst keine Werbung mache, tue ich es heute.

Final Fight Double Impact - Testversion