Heute: Elite Dangerous (PS4 Version)

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Nach zwei sehr merkwürdigen Jahren, in denen mich kaum ein Spiel wirklich fesseln oder begeistern konnte, kam letzten Monat dann doch mal wieder etwas für die PS4 heraus, was mich komplett und unerwartet vom Hocker gerissen hat. Elite Dangerous. Ein Port eines etwas über zwei Jahre alten PC-Spiels. Always Online. Mit haufenweise Microtransaktionen. Und das wären auch schon die beiden größten Meckereien, die ich gegen dieses Spiel vorbringen kann.

Also… was ist Elite: Dangerous? Wie der obige Screenshot zeigt, ein Weltraumspiel. Gibt’s meiner Meinung nach eh’ viel zu wenige von in letzter Zeit. (Kleiner Geheimtip: Rebel Galaxy und Strike Suit Zero auf der PS4 sind auch spitzenmäßig.) Der letzte Sproß einer seit 1984 bestehenden Reihe von Spielen, die Spielerfreiheit ganz, ganz groß geschrieben haben. Egal ob man Händler, Pirat, Kampfpilot, Schürfer, Kartograf oder Kreuzschiff-Kapitän sein möchte, Elite Dangerous macht’s möglich.

Doch bevor man sich Hals über Kopf in’s Weltall stürzt, sollte man zumindest die ersten paar Tutorials über sich ergehen lassen. Seit den Zeiten eines Wing Commander Privateer ist einiges passiert, die Raumschiffe brauchen mehr als drei Knöpfe, um geflogen zu werden. Hier muß ich den Entwicklern ein Riesen-Lob aussprechen: So viele Einstellungsmöglichkeiten für einen einfachen Dual-Shock-4-Controller hab ich meinen Lebtag noch nicht gesehen. Die wichtigsten Funktionen wie Schub, Steuerung, Energiemanagement und Zielerfassung liegen direkt auf den Sticks und Knöpfen. Hält man jetzt einen der Knöpfe gedrückt, öffnet sich ein Menü mit weiteren Auswahlmöglichkeiten. So erlaubt z.B. ein einfacher Druck auf den “X”-Knopf die Zielerfassung geradeaus, hält man jedoch “X” fest und tippt das Steuerkreuz an, so kann man gezielt feindliche Schiffe, Subsysteme oder das gefährlichste Ziel anvisieren. So bekommt man eine gewaltige Menge an Funktionalität auf die zwei Handvoll Knöpfe des DS4 verteilt, ohne sich total zu verlaufen. Und sollte man die Knopfbelegung blöd finden, so kann man jeden Knopf, samt Zweit- und Drittbelegungen, selbst verteilen. Es braucht etwas Zeit, bis man sich eingefuchst hat, aber wer mit einem Dark Souls zurande kommt, sollte hier keine nennenswerten Probleme haben.

Sehr cooles Detail: Durch einen Druck auf “R3″ aktiviert man eine Art Kopfkamera, die eine Rundumsicht durch’s Cockpit ermöglicht. Ein Blick auf ein HUD-Element aktiviert dieses. Ein winziges Detail, welches die Immersion in das Spiel so viel stärker macht. Leider ist Elite Dangerous (noch?) nicht PSVR-kompatibel.

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Sitzt man dann erstmal in seiner brandneuen Sidewinder (das Starter-Schiff), schaut man durch die Cockpit-Kanzel in den Hanger der ersten von vielen, vielen Raumstationen, die man in seiner Karriere besuchen wird und das virtuelle Cockpit leuchtet einen an. Neben der im Bild befindlichen Frontalansicht gibt’s zur Rechten und Linken jeweils noch ein extra-Fenster, in dem Navigation, Ziel-Infos und Missionen etc (links) sowie Schiffs-Status, Piloteninfos wie Reputation in der Galaxis und das Inventar (rechts) zu finden sind. Es lohnt sich, vor dem ersten Start in Ruhe durch die Infos und Funktionen zu blättern, damit man in der Hitze des Gefechts nicht erschlagen wird. Hier hätte ich mir etwas ausführlichere Infos gewünscht, besonders was das reichhaltige Funktionsmenü im rechten Fenster angeht. Sachen wie HUD-Intensität oder Orbit-Linien an/aus sind ja noch selbsterklärend, aber was ist der “Beacon Mode”? Oder was hat es mit “Silent Running” auf sich?

Nun ja, seis drum. Erstmal die “Station Services” aufrufen und schauen, was man so anstellen kann. Die meisten Stationen bieten einen Marktplatz an, auf dem man diverse Güter kaufen bzw. verkaufen kann. Da Elite always online ist, reagiert die galaktische Wirtschaft auf Spieler-Input - sollte man in einem Sternsystem hunderte Tonnen Tee kaufen, wird der Preis natürlich steigen und die Marge in den angrenzenden Systemem, deren Markt man mit Tee flutet, schwinden.

Aber bis man die guten Handelsrouten ausgefuchst hat (oder man einen dicken Frachter hat, mit dem sich das Handeln erst richtig lohnt), sollte man besser das “Mission Board” frequentieren. Hier werden dynamisch Missionen erstellt, die die lokale Wirtschaft, Krisen und Booms in Betracht ziehen. Das Beste daran - man muß im Gegensatz zum freien Handeln kein Kapital vorlegen. So kann man sich relativ risikofrei als galaktischen Pizzaboy oder DHL-Mann anheuern lassen und die ersten Tausender einfahren. So sollte es relativ leicht sein, eine “Bringe 2 Tonnen Katzenfutter in’s Nachbarsystem und kassiere 172.000 Credits”-Mission aufzutun. Hat man diese akzeptiert, geht’s dann auch schon in’s Weltall. Manuell, natürlich. Von der Station lösen, langsam Schub auf die Steuerdüsen und sanft aus dem Hangar. Fahrgestell einfahren. Aufpassen, daß man nicht mit anderen Schiffen kollidiert und dann raus. Das “Transaktions”-Fenster öffnen, das Flugziel (in diesem Fall das Nachbarsystem) auswählen, Sicherheitsabstand zur Basis einnehmen und den Hyperdrive zünden.

Nach einer kurzen Transition (die geschickt einen Ladebildschirm ersetzt) kommt man im Nachbarsystem raus und sollte besser hart auf die Bremse steigen, denn in Elite landet man IMMER in Spuckreichweite der Sonne. Dann im Nav-Fenster die Zielstation anklicken und im Supercruise hindüsen. Und dann zur Königsdisziplin - die Landung. Das Schiff bis auf 7,5 km an die Basis bringen. Lande-Erlaubnis erfragen (ganz wichtig, niemals vergessen!), dann mit zitternden Fingern die Leuchtmarkierungen suchen, die den Eingang in die Station erleuchten, vorsichtig durch die Schleuse und die zugewiesene Landebucht ausfindig machen. Der Rest ist relativ einfach. In der Mitte der Landebucht runter, Fahrwerk ausfahren und aufsetzen. Hat man die richtige Bucht gefunden, wird man automatisch gesichert und das Stations-Interface kommt hoch. Zum “Mission Board”, Mission als erledigt melden und Geld kassieren. Außerdem steigt der Ruf mit den lokalen Autoritäten, was sich in mehr und lukrativeren Jobs niederschlägt.

Was macht man nun, wenn man um einige Tausender reicher ist? In meinem Fall - erstmal einen Andock-Computer kaufen. Der wird in der Elite-Community zwar immer noch als Suizid-Hilfe bezeichnet, aber in den letzten 60 Stunden, die ich bisher durch’s All geschippert bin, hat er mich noch nie im Stich gelassen. Nun, man investiert seine Kohle in bessere Module für sein Schiff, oder besser noch, gleich in ein neues Vehikel.

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Und hier entwickelt Elite Dangerous für mich eine irrsinnige Sogwirkung. Raumschiffe kaufen und aufmotzen. Und im Gegensatz zu älteren Spielen dieser Machart ist man nicht auf nur einen Kutter beschränkt. Jede größere Basis in der bewohnten Galaxis hat einen Shipyard, in dem man seine Extra-Pötte parken und gegen einen kleinen Obulus an jeden Ort der Galaxis schiffen kann. Sollte man also mit seinem Erkundugsschiff ein System gefunden haben, das unter einer Pirateninvasion ächzt, so kann man sich seine Kampfmaschine dahin liefern lassen, was dankenswerterweise die Lauf- bzw. Flugwege übersichtlich hält.

Hat man vom Lieferdienst oder Kampf-Drill die Nase voll, kann man sich auch prima als planetarer Landvermesser oder Erzschürfer ein paar Credits verdienen. Hier sieht man einen etwas tolpatschigen Versuch von mir.

Warum genau ist Elite Dangerous nun always online? Außer des Kopierschutzes wegen? Nun, zum einen gibt’s natürlich die bereits erwähnte “lebende Galaxis”, in der Spieler-Aktionen spürbare Auswirkungen haben, ähnlich wie in einem Eve Online. Dann kann man das Spiel im offenen Multiplayer spielen, mit hunderten anderer Piloten. Es gibt auch einen Solo-Modus, wenn man mal keine Lust auf ausrastende Piraten-Meuten hat. Und dann gibt’s nicht nur einen, sondenr zwei Koop-Modi. Entweder fliegt jeder in der Party seinen eigenen Kahn, oder man trifft sich auf einem (entsprechend ausgerüsteten) Schiff, um als Pilot, Bordschütze oder Jägerpilot die Galaxis unschädlich zu machen.

Der Vollständigkeit halber sollte man erwähnen, daß Elite Dangerous keinerlei Story oder Kampagne hat. Die Geschichten in diesem Spiel schreibt das “Leben” - der unglaubliche Dogfight, den man nur um Haaresbreite überlebt hat. Die Handelsmission, die genug abgeworfen hat, damit man sich den nächsten großen Kutter kaufen konnte, solche Sachen. Solange man sich selbst motivieren kann, bietet Elite Dangerous genug zu tun. Und ähnlich wie in Skyrim kann man auch einfach nur geradeaus fliegen und sich von der Unendlichkeit des Weltalls in den Bann ziehen lassen. Immer schön eine Fuel Scoop mitnehmen, und dahin gehen, wo noch kein anderer hingeflogen ist.

Für mich derzeit das beste Rollenspiel am Markt. Kaum ein anderer Titel erlaubt es mir, meinen Raumpiloten-Fantasien so zu frönen wie Elite Dangerous. Heute Händler. Morgen Kampfpilot. Und wenn ich genug Kohle für das Kreuzfahrtschiff habe, werde ich nur noch Touris zum nächsten Schwarzen Loch karren. Ahoi!