Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, daß ich mit dem ersten Dead Space so meine Startschwierigkeiten hatte. Allerdings hat sich das nach einem kleinen Tip von Sondermann gelegt und ich bin in meinem dritten oder vierten Durchgang (um eventuell mal alle Knarren komplett aufgebrezelt zu haben). Und das Setting ist einfach unglaublich gut.

Das bringt uns nahtlos zu Dead Space Extraction. Auch wenn sich das Genre vom Survival-Horror zum kompromisslosen Lightgun-Geballer verändert hat, ist doch viel von dem, was das “HD-Dead Space” ausmacht, intakt geblieben. Die Story setzt einige Stunden vor den Ereignissen von Dead Space auf der Minen-Kolonie Aegis VII ein. Veteranen erinnern sich: Auf Aegis VII wurde im Zuge einer Ausgrabung ein außerirdisches Artefakt entdeckt, kurz danach häuften sich die merkwürdigen Vorfälle in der Kolonie, und als die Protagonisten von Dead Space ins System springen, sind sowohl die Kolonie als auch der “Planet Cracker” USG Ishimura von merkwürdigen Lebensformen überrannt.

Beim Durchspielen der Story von Dead Space Extraction wird man aus erster Hand Zeuge der Ereignisse auf Aegis VII, von dem Moment, als ein Schlepper-Team den Marker in die Kolonie bringt (und dabei komplett wahnsinnig wird) bis hin zu einer verzweifelten Flucht auf die Ishimura und wieder runter vom Schiff. Im Gegensatz zum ersten Dead Space ist man eher selten allein unterwegs. Neben dem Hauptcharakter (Detective McNeill), einem Sicherheitsbeamten der Ishimura (Weller), einer jungen Dame (Lexine) und einem undurchsichtigen Beamten der verantwortlichen Mining-Firma CEC (Eckhardt) trifft man gelegentlich auf andere Überlebende und sogar ein paar Bekannte aus dem ersten Dead Space, es gibt reichlich Dialog - aber trotz allem herrscht nach wie vor eine absolut lebensfeindliche, beklemmende, ja sogar panische Atmosphäre vor. Der Tod kommt oft und schnell, aber die Anzahl der frust-hervorrufenden Insta-Kills hält sich gottlob in Grenzen. In Sachen Atmosphäre und Storytelling schlägt Extraction so manchen nicht-linearen Gruselschocker, und selbst die beiden Resident-Evil-Chronicles müssen sich in Sachen Horror-Faktor geschlagen geben. Und das sag ich als Resi-Fan. Die Story endet übrigens genau in dem Moment, in dem die von Dead Space einsetzt, und es gibt genug Momente in Extraction, die erklären, warum gewisse Dinge in Dead Space sind, wie man sie als Isaac vorfindet (z.B. die Sache mit den abgestellten Meteor-Abwehr-Kanonen). Ein netter Fanservice. Und dazu später noch mehr.

Spielerisch hält sich Dead Space sowohl nah an der reinen Lightgun-Lehre, verwurstet aber auch jede Menge Einflüsse aus dem “großen” Dead Space. Man gleitet auf Schienen durch die Levels und versucht, nicht von den anstürmenden Feindmassen erdrückt zu werden. Präzision ist sehr wichtig, denn Gegner müssen - wie im Original - von ihren Gliedmaßen befreit werden. Das Waffenarsenal wurde im Großen und Ganzen 1:1 von Dead Space übernommen, so daß alte Bekannte wie die Pulse Rifle, der Plasmacutter oder der Ripper wieder auftauchen. Außerdem gibt es ein paar mehr oder weniger spannende Neuzugänge wie die P-Sec-Pistole oder die Nietenpistole, die neben ihrem Daseinszweck als “Basisknarre” auch noch für eine Handvoll Puzzles eingesetzt wird.
Ebenfalls aus dem großen Dead Space herübergerettet wurden die Alternativ-Feuermodi, die dem Geballer noch eine weitere taktische Note verleihen. Die Alt-Modi werden durch Seitwärtsdrehen der Wiimote angewählt - allerdings reicht es schon, die Remote ganz leicht nach rechts oder links zu neigen, was bei meiner üblichen Handhaltung für Dauer-Altfeuer sorgt. Da wäre mir ein Umschaltknopf lieber gewesen.
Das aus vielen anderen Lightgun-Shootern bekannte Aufklauben von Powerups wurde hier ganz geschickt eingebaut, immerhin gibt es ja im Dead-Space-Universum Telekinesis- und Stasismodule, die hier elegant eingeflochten wurden, um Kisten, Tanks oder Powerups zu schnappen oder Gegner zu bremsen. A propos “bremsen”: Hin und wieder hält das Spiel für ein paar Sekunden inne, damit man die Kulissen nach Upgrades und Muni abzusuchen kann. Eine sehr willkommene Erweiterung.
Eine gute Idee, die leider nicht konsequent genug umgesetzt wurde, ist das “Glühwürmchen”, eine durchs Schütteln der Remote aufladbaren “Taschenlampe”. Wie das große Dead Space auch, ist Extraction sehr, sehr dunkel. Deshalb wäre es eigentlich sinnvoll, dieses Gadget jederzeit einsetzen zu dürfen. Aber nein, es gibt nur eine Handvoll Stellen mit absolut finsterer Dunkelheit, die per Glühwürmchen erhellt werden dürfen - und kommt man dann wieder in einen auch nur minimal helleren Bereich, geht das Ding sang- und klanglos aus. Mir hätte es besser gefallen und vor allem so manch frustige Passage erleichtert, wenn man das Glühwürmchen jederzeit hätte benutzen dürfen. Denn trotz der großartigen Technik verschwimmen manche Gegner mal mit der Dunkelheit, wenn sie entweder recht klein (wie die “Babies”) oder weit im Hintergrund sind. Naja.

Auch vom Umfang her muß sich Dead Space Extraction nicht hinter anderen Spielen verstecken. Der erste Durchgang durch den Storymodus auf dem ersten der vier verfügbaren Schwierigkeitsgrade hat mich gut und gerne 8 Stunden gekostet - was in Zeiten eines Modern Warfare 2 mit seinen sechs Stunden Singleplayer schon üppig ist. Dazu gibt es noch einen rein auf Highscorejagd ausgelegten Challenge-Modus ohne Story-Sequenzen und als freischaltbaren Bonus die sechs Ausgaben des animierten Dead Space-Comics, der sozusagen das Prequel zum Prequel ist. Man bekommt also reichlich Spiel für sein Geld.

Von der technischen Seite gibt es absolut nichts zu meckern. Dead Space Extraction sieht - mit kleinen Abstrichen in Sachen Polygonzahl und Texturschärfe - seinem großen Bruder sehr, sehr ähnlich. Die Soundkulisse ist absolut ebenbürtig, und die Sprecher in meiner UK-Version machen einen fantastischen Job

Fazit: Fans von schnellen und furiosen Action-Spektakeln kommen hier genauso auf die Kosten wie Horrorfans und natürlich die Dead-Space-Fanfraktion. Letztere ganz besonders, denn in Extraction werden viele Dinge, die in Dead Space vorkommen, ein wenig breiter beleuchtet. Außerdem erfährt man noch ein bißchen mehr über den Marker, die Unitology-Kirche und die Verkettung der unglücklichen Umstände, die zum Untergang der Ishimura führen. Ich für meinen Teil bin gespannt wie ein Flitzebogen, ob Dead Space 2 da mithalten kann.

Und hier für die Unschlüssigen, die noch überlegen, lieber die DV aus dem nächsten Elektrogroßhandel mitzunehmen, ein kurzer Schnittbericht.