Oder: Fünf Stunden in Prince Of Persia: The Forgotten Sands

Für mich ist “The Sands Of Time” eines der schönsten Spiele der PS2-Ära, sowohl was Optik und Sound, als auch das Spielgefühl und -design anbelangt. Die Mixtur aus Kletter- und Sprungakrobatik, fantastischen Schwertkämpfen und einigen viechisch clever designten Puzzle-Einlagen ist nahezu perfekt. Kein Wunder also, daß Ubisoft (die die Marke nach dem desaströsen Prince Of Persia 3D für ein Butterbrot eingesackt haben) das Konzept im Verlauf der nächsten zwei Spiele dezent variiert haben, mit gemischtem Erfolg, wie ich leider sagen muß. “Warrior Within” legt viel zu viel Wert auf die Schwertkämpfe, wohingegen “The Two Thrones” unsäglich lange braucht, um mal in den Quark zu kommen. Beide beileibe keine schlechten Spiele, aber die Magie von “Sands Of Time” fehlt.

Überspringen wir das 2008er-PoP mal elegant (hab ich nämlich nicht gespielt) und wenden wir uns “The Forgotten Sands” zu. Nach dem Genuß des wirklich unterhaltsamen Prince-Of-Persia-Films (sollte man sich ruhig angucken, eine der besseren Videospiel-Adaptionen!) wurde in mir das Bedürfnis nach neuen Kletteraktionen wach, und da ich a) die aktuellen Assassin’s Creed-Teile durch habe und b) “The Forgotten Sands” derzeit in der Pyramide für einen Zwanziger zu haben ist, habe ich den Turban und den Krummsäbel ausgepackt und mich furchtlos ins Abenteuer gestürzt.

Story: “The Forgotten Sands” (oder kurz TFS) ist tatsächlich ein inhaltliches Sequel zur “Sand”-Trilogie, deren Inhalt man allerdings nicht groß kennen muß, um dieser Episode folgen zu können. Es wird nur in einigen Kommentaren des Prinzen auf Ereignisse der Vorgänger hingewiesen, was aber so marginal ausfällt, daß man das auch gut überhören kann. Ähm. Ach ja. Die Geschichte beginnt damit, daß der Prinz eigentlich nur einen Besuch bei seinem Bruder Malik ableisten möchte, um von ihm zu lernen, wie man ein großer Herrscher wird. Kaum ist der Prinz in Maliks namenloser Stadt angekommen, bricht auch schon die Hölle los. Eine wildfremde Armee attackiert die Stadt, und Malik weiß sich keinen besseren Rat, als die unter der Stadt schlummernde Armee König Salomons zu befreien. Und wie das nunmal so ist - es kommt anders, als man denkt, und die vermeintliche Rettung entpuppt sich als das WAHRE Übel.

Ohne allzuviel zu spoilern: Die Story ist eigentlich nur Mittel zum Zweck, um den Prinzen immer schön motiviert eine Todesfalle nach der anderen hinter sich zu bringen. Es gibt natürlich alle Stereotypen, die so eine Klamotte braucht: Den naiven, blauäugigen Prinzen, den irgendwie nicht ganz koscher wirkenden Bruder des Prinzen, die mysteriöse Schöne (diesmal ein sehr knackiger Wassergeist) und den wirklich fiesen Bad Guy. Einmal mit frischer Kamelmilch durchrühren, fertig ist die Story.

Technik: The Forgotten Sands wird von einer leicht modifizierten Version der Assassin’s-Creed-Engine befeuert, was schonmal ein Garant für butterweiche Animationen und fantastische Architektur ist. Optisch haben sich es die Entwickler recht einfach gemacht und diverse Varianten des “Palast-Innen-Dekors” gezaubert, aber dank zügiger Szenenwechsel und geschmeidiger Transitionen vom Palast-Inneren nach Außen kommt keine Langeweile auf. Besonders gut gelungen sind meiner Meinung nach die Wasser- und Sand-Effekte, dazu gleich mehr.

Die Soundkulisse ist dezent, aber solide. Dauernd knarrt, raschelt oder bröselt es im Gebälk, die orientalische Musikuntermalung wird sehr punktuell und gezielt eingesetzt und die Sprachausgabe kommt prima rüber - wäre da nicht das wirklich mäßige Drehbuch :)

Spielerisch erinnert The Forgotten Sands an seinen Ahnen Sands Of Time, allerdings haben Ubisoft (ob jetzt absichtlich oder nicht) den Schwierigkeitsgrad sehr niedrig angesetzt. Die bekletterbaren Objekte sind angenehm deutlich (aber nicht aufdringlich) in die Umgebung integriert, und vor jeder längeren Sequenz gibt’s eine sehr informative Vorschau, wo in etwa der Prinz jetzt hin muß. Das Timing der Fallen ist sehr generös ausgefallen, und auch die Gegner telegrafieren ihre Attacken sehr deutlich - und das auf dem mittleren der drei verfügbaren Schwierigkeitsgrade. Das Trial and Error, welches ich im Titel erwähnte, kommt für mich primär daher, bei einigen Sequenzen die richtige Abfolge im Raum angeordneter anspringbarer Objekte auszumachen. Besonders Wasserfontänen oder Säulen sind manchmal so geschickt im Unschärfe-Filter versteckt, daß ich sie einfach übersehe. Aber auch hier bekommt der Spieler noch eine Reißleine: Sollte man sich partout umbringen wollen, kann man per Druck auf RB die Zeit ein paar Sekunden zurückdrehen, um besagtes Malheur auszugleichen.

Das alles sorgt in der Summe für ein angenehm unaufgeregtes Spielerlebnis. Man flitzt elegant an eine Wand entlang, schnappt sich eine waagerecht aus der Wand hängende Fahnenstange, fliegt fast schwerelos zu einer Säule, klettert die hoch und landet dann an einem riesigen Wandbanner, welches man zwecks sanfter Bodenlandung mit seinem Säbel aufschlitzt. Das ist schon ganz großes Kino, vor allem, wenn man die magischen Kräfte des Prinzen dazunimmt, die er im Laufe des Spiels von der mysteriösen Fremden verliehen bekommt. Zum Beispiel kann der Prinz ab einem gewissen Punkt fließendes Wasser “fest” werden lassen. So können waagerechte und senkrechte Fontänen als Säulen- oder Reckstangen-Ersatz herhalten, wohingegen Wasservorhänge (wie aus Wasserfällen oder Wandbrunnen) als behelfsmäßige Lauf- und Kletterwände benutzt werden können. Spannend wird es ab dem Zeitpunkt, an dem man während der Sprungpassagen zwischen “fließendem” und “Festem” Wasser hin- und herschalten muß, um z.B. von einer Fontäne durch einen Wasservorhang zur nächsten Fontäne zu schwingen. Das sieht dann z.B. so aus:

Dazu kommen noch andere Fähigkeiten, wie ein Gegner-zielsuchender Weitsprung, mit dem normalerweise unüberwindbare Abgründe überquert werden können, und die Fähigkeit, verfallene Level-Teile wieder herzustellen. Dadurch ergeben sich im späteren Teil des Spiels einige haarsträubende Akrobatik-Parcours.

Gekämpft wird natürlich auch. Und hier muß ich Ubisoft echt einen Rüffel verpassen. Schon WIEDER Sandmonster? Aber von dieser Einfallslosigkeit abgesehen, ist das Kampfsystem schon fein. Der Prinz beherrscht leichte und harte Attacken (wobei letztere durch Festhalten des Angriffsknopfes ausgelöst werden - und das, obwohl es durchaus noch freie Tasten auf dem Controller gibt!), kann auf seinen Gegnern herumturnen und außerdem noch durch Einsammeln von Erfahrungskugeln (jaja, ich weiß… GÄHN) neue Elementarmagie freischalten, was aber ob der schon erwähnten Lahmarschigkeit der Gegner kaum nötig ist. Die Kämpfe lassen sich auch ohne übernatürlich Hilfe schnell abfrühstücken, wer auf Nummer Sicher gehen will, levelt brav die Steinrüstung, die für eine exorbitant lange Zeitspanne unverwundbar (!) macht und die Kämpfe werden echt nur noch Beschäftigungstherapie. Wobei es dann schon Laune macht, als unaufhaltsame Ein-Säbel-Schnetzelmaschine den Sand überallhin fliegen zu lassen. Je stärker die Gegner beschädigt werden, desto mehr erinnern sie an Sandskulpturen. Ein sehr netter Effekt, vor allem bei den sporadisch auftretenden Minibossen.

The Forgotten Sands ist ohne Frage ein wirklich schickes Spiel und die 20 Steine durchaus wert. Allerdings fehlt es an Umfang und Wiederspielwert. Von einigen versteckten Kisten abgesehen gibt es keinen Grund, von der deutlich ausgewiesenen Hauptroute abzuweichen, und ich sehe Gamerscore-Erfolge nicht als Wiederspielwert-Kriterium an. Und nach nur knapp fünf Stunden nähere ich mich mit Riesenschritten dem Finale. In diversen Reviews wird von einer sechs- bis achtstündigen Spielzeit geredet, was für einen (ehemaligen) Vollpreis-Titel eine ziemliche Frechheit ist.