… um mal in der Wortwahl von Saint’s Row: The Third (SR3) zu bleiben.

Nach GTA IV, welches mir so ziemlich die Lust an Gangster-Arien genommen hatte, und dem grandiosen Just Cause 2, welches mir bewiesen hat, daß Sandbox-Spiele nicht zwingend von Rockstar sein müssen, um Spaß zu machen, habe ich die Entwicklung von Saint’s Row: The Third neugierig betrachtet und als Wolly erwähnte, daß er seine PEGI-Version günstig loswerden wollte, hab ich zugeschlagen und es nicht bereut.

Man muß allerdings zuerst mal sein Gehirn an der Tür abgeben, denn intellektuelle Unterhaltung geht definitiv anders. Aber die “Hirn-Aus-Spaß-An”-Nummer kriegt SR3 prima hin. Es fängt schon in den ersten fünf Minuten mit einem unglaublich schieflaufenden Bankraub an und kulminiert in einer der besten Flugzeug-/Fallschirmszenen, die ich bis dato in einem Actionspiel erleben durfte. Dazu ein in der englischen Tonspur fetzig und flott geschriebener (hanebüchener) Plot über eine Gangsterbande, die es zum Gipfel der Macht geschafft hat, komplett mit Filmdeals, Werbeverträgen, Modelinien und weiß der Geier was noch so kommt. Nur blöd, daß die Bank aus der allerersten Mission einer anderen, ziemlich potenten Gangstertruppe gehört, und ehe man sich versieht, fliegt man aus seinem in Saint’s Row 2 hart erarbeiteten Gebiet und wird in einer neuen Stadt den bösen Gangs zum Fraß vorgeworfen. So weit, so belanglos.

Praktischerweise handelt es sich hier um einen weiteren Vertreter der Sandbox-Actionspiele, so daß man nur sehr selten dem Handlungsstrang folgen muß - wobei: Die Storymissionen sind prima inszeniert und man trifft alle paar Minuten verrückte Typen, die einem noch verrücktere Jobs zuschieben. Dani zum Beispiel ist heute aus dem Lachen kaum rausgekommen, als ich - untermalt von den komplett überzogenen Schreien meines Charakters - Unfälle gefaked habe, die dann als Versicherungsbetrug gewertet wurden. “Was machst du da?!” war so ziemlich die heute am häufigsten gestellte Frage. Was HABE ich denn so alles angestellt?
- Autos geklaut (entweder für meinen eigenen Fuhrpark oder im Auftrag diverser schmieriger Gebrauchtwagenhändler)
- mit Panzern ganze Gang-Armeen pulverisiert
- in einer extrem japanischen Gameshow mitgespielt (Prof. Genkis Super Ethical Reality Climax!! - Don’t Shoot the Panda!) und als Äffchen, Coladosen und Sandwiches verkleidete Kandidaten vermöbelt
- in einem Luxus-Cabrio einen ziemlich stinkigen Tiger(!) spazierengefahren
- mit einem Raketenwerfer bewaffnet einem befreundeten NPC aus einem Hubschrauber Feuerschutz gegeben
- Saint’s Row-Merchandise vertickt

… und das waren nur die Nebenmissionen, mit denen ich heute fröhlich grinsend acht Stunden verbraten habe. Meine Gesamtspielzeit pendelt langsam aber sicher in die 20-Stunden-Richtung, und ich bin angeblich gerade mal bei 40% des Spiels angekommen.

Man sollte allerdings auch erwähnen, daß SR3 so seine Macken hat. Die Engine ist fantastisch, wenn langsam animierte Szenerien (einfaches Straßenleben) auf den Schirm gezaubert wird, aber gerade wenn viel schnelle Bewegung im Spiel ist, kommt die Optik nicht mit dem Tempo klar, was sich in heftigst reinploppenden Objekten und verwaschenen Texturen niederschlägt, die sich erst berappeln, wenn’s wieder gemächlicher zugeht. Aber ich bin durchaus gewillt, über diese Fisimatenten hinwegzusehen, denn mir gefällt die Tatsache, daß sich das Spiel kaum ernst nimmt und lieber blöde Witze reißt, mit dem “arschcooler Gangster”-Klischee seine Späße treibt und generell manchmal einfach nur herrlich albern ist. Die ganzen “anrüchigen” Zoten (lila Dildo-Knüppel, jede Menge Referenzen an das Porno-Vokabular und huch! - nackige Haut?!) sind für die Amis wahrscheinlich erschütternder als die - vor allem im Vergleich zu Gears und Konsorten - recht harmlosen und überzogenen Gewaltspitzen.

Besondere Highlights - neben den oben genannten (h)Aha-Momenten gibt’s noch einige. Wie eingangs erwähnt, ist die englische Sprachausgabe klasse inszeniert, der Soundtrack ist phänomenal gut - von Amon Amarth über Opeth oder Social Distortion, Faith No More, Mötley Crüe, Kanye West, Junkie XL bis hin zu DETHKLOK (yes!) oder 80er-Helden wie Frankie Goes To Hollywood, Bonnie Tyler oder Talk Talk gehts krass durch die Botanik und man kann sogar sein persönliches Ingame-Mixtape zusammenpuzzeln. Schon nach nur vier oder fünf Stunden gibt’s Flugzeuge/Helikopter, mit denen man beliebig den Luftraum unsicher machen darf, und fast jedes Vehikel auf der Straße darf geklaut und in die persönliche Garage gepackt werden, um es dann später in einem Tuning-Baukasten, der sich hinter einem NFS Underground nicht verstecken muß, seinem eigenen Geschmack anzupassen.

Unterm Strich bleibt ein erschreckend spaßiger und kompetent gemachter Spiele-Happen für zwischendurch. Allerdings sollte man unbedingt vom Erwerb der USK-Version absehen, die ist nämlich in einigen Dingen empfindlich bearbeitet worden und - viel ärgerlicher - mit der PEGI nicht online-kompatibel. Ach ja, Online-Koop hat SR3 nämlich auch, und es spielt sich klasse - hatte heute abend noch das Vergnügen, mit einem Buddy zusammen durch Steelport zu preschen. Alle Side-Missions bekommen durch einen (oder vier) Mitspieler nämlich sogar noch mehr Tiefe. Wir haben z.B. die Tiger-Spazierfahrt zusammen gespielt, und während mein Kumpel den Wagen gelenkt hat, mußte ich den Tiger durch vehementes Kraulen und gut zureden davon abhalten, ihn zu fressen. Großes Kino - und das geht weit über das (natürlich auch hier vorhandene) “Zwei Knarren sind besser als eine Knarre”-Koop hinaus.

Bleibt abschließend nur noch die Frage: Wann soll ich bitte Skyrim weiterspielen? Oder RAGE? Oder Forza 4? Die Spieleflut ist dieses Jahr echt erschreckend.