Dies geht an die Spieledesigner und -Produzenten, die versuchen, ihre Produkte immer cineastischer und filmreifer werden zu lassen:

BITTE AUFHÖREN!

Ich habe die Schnauze voll von Quick-Time-Sequenzen, die in einer Zwischensequenz Interaktivität heucheln und mich von den ganzen coolen Aktionen, die mein Protagonist da abfackelt, ablenken. Ich zumindest muß nämlich meine ganze Aufmerksamkeit auf diese winzigen Knöpfchendrück-Displays richten und verpasse dadurch die ganzen Hechtsprünge, Explosionen oder sonstigen coolen Stunts.

Ebenso gehen mir diese ganzen Skriptsequenzen auf die Nüsse, die zwar die Illusion vermitteln, in einem verdammten Blockbuster mitzuwirken, aber mir dafür viel zu viel vom Spiel wegnehmen. Schönes Beispiel hier ist Need For Speed The Run: In einer unglaublich unübersichtlichen Mission muß ich nicht nur eine bestimmte Platzierung erreichen, nein, das gesamte Polizeiaufgebot aus Las Vegas kommt von allen Seiten auf mich zugeflogen. Das hat nichts mehr mit Rennspiel zu tun, sondern eher mit stupidem Auswendiglernen:
- Lange Gerade, zwei Autos überholen
- Scharfe Kurve, entgegenkommende Polizeiautos
- Zickzack durch eine Spielstraße, auf die geparkten Autos aufpassen und zwei weitere Autos überholen, bei der Ausfahrt auf die Straßensperre achten
- Erneute lange Gerade, zwei Cops von hinten, drei von vorne, die sich links/rechts/links querstellen, möglichst drei Autos mitnehmen…

… und so weiter. Das hat mich schon bei Call Of Duty 4 angekotzt (Wenn du nicht bei Minute X an Punkt Y bist, stirbst du), das hat mich auch bei Ace Combat Assault Horizon angekotzt, und das kotzt mich auch hier sowas von an. Wenn ich Muster auswendig lernen will, dann spiele ich sowas wie Gradius oder R-Type, und wenn ich einen verdammten Blockbuster gucken will, schmeiße ich einen beliebigen Bruckheimer- oder Bay-Film rein, aber greife doch nicht zu einem Videospiel. Denn in einem VideoSPIEL geht es immer noch um Interaktivität - und Geisterbahn-Skriptsequenzen, in denen sich mein Input darauf beläuft, zur Zeit X an Punkt Y zu sein, empfinde ich nicht als Entspannung, sondern als Hetze und Nötigung.

Wenn es schon epic und cineastic werden soll, dann bitte so wie früher: Kolossale Zwischensequenz, und dann ab in den Level, in dem ICH mein Geschick in der Hand habe und nicht der Level-Designer.

Nochmal zu The Run: Eigentlich ist das Spiel ganz lustig, wären da nicht haufenweise bescheuerte Design-Entscheidungen.
- Warum bitte darf ich die 3000 Meilen von San Fran bis New York nicht am Stück durchheizen? Stattdessen gibt’s immer schön 3-6 Kilometer lange Häppchen. Epic geht anders.
- Es gibt jede Menge Parallelen zu NFS Hot Pursuit: Die Auto-Auswahl, Autolog, sogar einige Streckenabschnitte sehen fast 1:1 ausgeliehen aus, aber auch beim Kollisionsverhalten. Wenn man heftig genug in die Streckenbegrenzung ballert, zerbröselt es den Wagen. Nur: Wo man bei NFS HP innerhalb weniger Sekunden wieder auf der Strecke ist, muß man bei The Run einen ewig langen “Setze zum letzten Checkpoint zurück”-Bildschrim über sich ergehen lassen, in dem einem suggeriert wird, das Spiel spult elegant zurück. In Wirklichkeit wird damit nur wieder einer der Ladezeiten aus der Hölle kaschiert. Außerdem ist sich das Spiel selbst nicht im Klaren darüber, wann man zerbröselt und re-checkpointed wird und wann man einfach wieder auf die Strecke zurückgebeamed wird, ohne die lästige Ladepause. Ist komplett zufallsabhängig.
- War es wirklich so klug, eine auf Ego-Shooter spezialisierte Grafikengine wie Frostbite für ein Rennspiel zu benutzen? Die Umgebungsgrafiken sind ja wirklich atemberaubend schick, aaaaaaber die Automodelle sehen irgendwie billig aus. Säume und Kanten in den Karosserien sind oft von Treppchen zerstückelt, der Lack wirkt wie billiges Plastik und generell machen die Wagen nicht ansatzweise soviel her wie im nun auch schon zwei Jahre alten Hot Pursuit.
- Ein vernünftiges Fahrverhalten scheint auch eher anderen Entwicklern zu passieren - ich fand schon zu “Most Wanted”-Zeiten diese Anwandlung bescheuert, daß man mit voll durchgetretenem Gaspedal durch fast alle Kurven “cruisen” kann. Man kann natürlich sagen, daß EA hier konsequent sind, denn immerhin spielt sich The Run wie alle anderen NFS-Titel nach “Underground”, die SHIFT-Teile mal ausgelassen. Aber ist es denn soviel verlangt, einen Arcade-Racer mit halbwegs vernünftigem Handling zu bauen? PGR 3 und 4 sind auch leicht zugänglich, spielen sich aber trotzdem nicht wie Raketenschlitten-Sims.
- Gummiband-KI aus der Hölle. Ist halt Need For Speed.
- Noch ein Extra-Rant zu den Filmsequenzen, insbesondere zu den Renn-Intros und -Outros. Mich machen diesen drei bis vier Frames langen Blitz-Blitz-Schnellschnitte total kirre. Mag ja sein, daß das “edgy” und “hard boiled” sein soll, aber bei mir sorgt das für akute Zuckungen. Und die Story fällt dank eines maulfaulen, unsympathischen Hauptcharakters total auf die Nase. Da können auch die ganzen virtuellen, spärlich verhüllten Möpse und Hintern nichts reißen.