Review: Shadows Of The Damned

Was passiert, wenn der Erfinder von “Resident Evil”, der kreative Kopf hinter “No More Heroes” und der Hausmusiker der klassischen “Silent-Hill”-Spiele beschließen, zusammen ein Spiel zu machen? “Shadows Of The Damned” ist die Antwort, und man bekommt zu 100% das, was man von den Herren Shinji Mikami, Suda 51 und Akira Yamaoka erwartet.

Suda 51 steuert die Story bei - ein mexikanischer Dämonenjäger namens Garcia F. (für “fucking”) Hotspur zieht in die Hölle, um seine Angebetete Paula aus den Fängen eines dreiköpfigen Dämonenherrschers namens “Fleming” zu retten. Begleitet wird er von einem feurigen Totenkopf namens “Johnson” (mit herrlich britischem Akzent), der sich in allerlei nützliche Dinge verwandelt - eine Fackel, diverse Knarren und ein Motorrad. Und die Unterwelt funktioniert nach ganz eigenen Gesetzen. Harte Drinks sind hier Lebensspender (je härter, desto besser!), Dämonen stehen auf frisches Obst und haben Angst vor Zähnen und Knochen und Licht. Auf dem Weg zu Flemings Burg rennt Garcia ständig hinter seiner Flamme her (oder auch öfters vor ihr weg) und muß miterleben, wie die “Eingeborenen” ihren bösen Schabernack mit der armen Paula treiben. Eine ständige Begleiterin ist außerdem die “Dunkelheit”, in der Sterbliche recht schnell ihre Lebenskraft verlieren, die aber durch leuchtende Ziegenköpfe gebannt werden kann.

Mikami-san dürfte wohl zu großen Teilen für das Gameplay und die sehr punk-rotzige Atmosphäre zuständig gewesen sein. Generell gesehen spielt sich “Shadows” wie ein kleiner Bruder von Resident Evil 4 oder 5. Zielt man also mit der Waffe auf Feinde, projiziert selbige einen Ziel-Laser, mit dessen Hilfe Headshots oder Schüsse auf Arme und Beine superlässig von der Hand gehen. Im Gegensatz zu den letzten Resident-Evil-Veröffentlichungen kann Garcia sich allerdings beim Zielen bewegen, was den Kämpfen die nötige Prise Dynamik verpaßt. Wie oben erwähnt, kann Johnson sich in diverse Schießprügel verwandeln, vom Knochenrevolver über eine Schädel verschießende Shotgun bis hin zu einer Schnellfeuerknarre, die Dämonenzähne verschießt. Für jede Waffe schaltet man im Spielverlauf durch das Besiegen von Bossen neue Upgrades frei, die wiederum neue taktische Möglichkeiten mit sich bringen. Der Revolver, “Boner” genannt, bekommt recht früh den Upgrade zum “Hot Boner”, mit dem man große, glibberige Kleckse Explosivschleim verschießen kann. Dieser erlaubt dann das gezielte Sprengen von Monsterrüstungen oder auch die Verwüstung der Levels. Obendrein gibt’s ein nettes, unaufdringliches Upgrade-System (juhu, mal keine EXP-Popups), in welchem man mit gefundenen roten Edelsteinen die Parameter seines Arsenals aufmotzen kann.

Yamaoka-san’s Beitrag zum Spiel beschränkt sich zwar “nur” auf die Musik, aber selbige ist fantastisch geworden. Man stelle sich einen Hybriden aus den bekannten, disharmonischen Silent-Hill-Elektroklängen und rassigen, teils flamencohaften Gitarrenstücken vor, oft garniert mit einer derben Prise Heavy Metal. Atmosphärisch ohne Ende und zu jeder Sekunde einfach passend. Dazu gibt’s ein fetziges Skript mit jeder Menge Humor (ob jetzt lustig oder infantil muß jeder für sich entscheiden, ich bin ganz prächtig amüsiert worden) in den Dialogen und auch reichlich Seitenhiebe auf die Videospielkultur.

Im Großen und Ganzen klappt das Konzept “Horror-Shooter mit surrealen Momenten und Humor” ausgezeichnet. Die Levels bieten für meinen Geschmack die richtige Mischung aus straight forward und Raum zum Erforschen, die Umgebung ist teilweise zerstörbar, wordurch sich reichlich Extra-Muni und Edelsteine auftreiben lassen. Oft genug wird man in den Levels auch von kleinen Kopfnüssen gefordert, die vom klassischen “Schlüssel suchen” bis hin zu einigen genial-teuflischen Fallen mit der Dunkelheit reichen, der man nicht nur ausweichen muß, nein, gelegentlich muß man sogar freiwillig hinein, um im Licht unangreifbare Gegnerschwachstellen oder Schalter zu bemühen. Das Leveldesign deckt sowohl inhaltlich als auch optisch ein breites Spektrum ab - von klassischen Baller-Schläuchen bis hin zu einigen verzwickten und recht offenen Arealen ist alles vorhanden und das Spiel sorgt so dafür, daß es einem nicht langweilig wird.

Ein Extralob verdienen zudem sämtliche(!!) Bosskämpfe. Im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Shootern (Deus Ex:HR fällt mir da gerade ein) sind die Endgegner noch richtige Bosse, keine übermächtigen Kugelschwämme, aber auch keine einfach wegzupustenden Witzfiguren. Jeder hat sein cleveres Muster aus Attacken und Schwachstellen und oft wird noch eine Extra-Komplikation reingeworfen, bevor der Endgegner das Zeitliche segnet.

Soweit, so gut. Allerdings hat Shadows Of The Damned auch ein paar kleine Macken. Am gravierendsten fällt ein Großteil des vierten Aktes aus. Die Designer dachten sich, daß ein wenig Abwechslung nicht verkehrt wäre und bastelten ein paar Minigames:
Zum einen gibt’s eine klassische Schießbude, in der man mit dem BIG BONER! auf riesige Dämonenmutanten ballert, die aber aufgrund des Headshot-Zwangs und der Unübersichtlichkeit frustiger ausfällt, als es sein müßte.
Zum zweiten haben sie nicht einen, sondern gleich DREI Sidescroller-Levels eingebaut. Aber im Gegensatz zu Bayonetta, wo die Ballerei furios und mitreißend ist, nehmen die an Papier-Animationen erinnernden Baller-Level das Tempo drastisch raus und sind unnötig fummelig zu spielen. Man wird zwar am Ende des letzten Sidescroll-Levels mit einem tollen Bossfight gnädig gestimmt, aber zu dem Zeitpunkt war ich kurz davor, den Controller wegzulegen. Meiner Ansicht nach wäre es cleverer gewesen, Johnsons Motorradform nochmal zu bemühen (die nur kurz im Intro angerissen wird) und daraus einen fetzigen Level zu schnitzen.
Ebenfalls nicht ganz optimal ist die Optik geraten. Vom Art-Design her ist alles stimmig, schön gruselige Umgebungen, der Hauptcharakter und die Knarren sind phantasievoll und detailliert gestaltet, aber gleichzeitig muß man sich mit teils arg matschigen Texturen und Textur-Pop-In abfinden, und auch die Standardgegner sind relativ blaß.

Das sind aber nur ein paar nicht goldene Härchen in der teuflischen Suppe. Die 12 Stunden, die ich für den ersten Durchgang auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade gebraucht habe, sind schneller vorbeigeflitzt als eine MG-Garbe, ich wurde königlichst unterhalten und auch der dezent nervige vierte Akt (von fünfen) wurde durch ein großartiges Finale wieder wettgemacht. Jeder, der ein Actionspiel sucht, in dem es mal nicht gegen irgendwelche Militärs geht, oder der mit dem Portfolio der Herren Suda, Mikami und Yamaoka was anfangen kann, sollte Shadows Of The Damned spielen. Gab es für unter 30€ bei Saturn, es gibt (trotz EA als Publisher) keine Nervigkeiten wie Online-Pass oder DLC, und einige der Sprüche, die im Spiel geklopft werden, sind eifach köstlich.

Garcia (sieht, wie Paula von einem Dämonen zerrissen wird) PAULAAAAAA!
Johnson: Oh dear, from hottie to hamburger, just like that. What a shame.